eHealth ist in letzter Zeit zu einem wichtigen öffentlichen Thema in der Diskussion um die Gesundheitsversorgung der Zukunft geworden. Auf unserem Blog befragen wir deshalb in regelmäßigen Abständen Experten auf dem Gebiet und bitten Sie um Antworten auf drei zentrale Fragen zur Zukunft unseres Gesundheitssystems. Heute ist Sonja Schmalen an der Reihe!
Frau Schmalen, für die meisten Experten ist eHealth alternativlos. Trotzdem sieht es in der Praxis oft anders aus. Was denken Sie: Wird sich eHealth in Pflege und Gesundheit in Kürze flächendeckend durchsetzen oder bleiben Pflege und Gesundheit Systeme, in denen Wandel nur schleichend seinen Durchbruch findet?
Dass eHealth in unseren Alltag einzieht, ist ja schon im vollem Gange. Fast jeder hat sich schon mal getrackt, beispielsweise mit einer Schrittmessung. Mit und mit übernehmen wir dies mit in unsere Gewohnheiten und die Generation der Digital Natives wird dies weiter beschleunigen und einfordern. Die Diskussionen zur ePa (elektronische Patientenakte) zeigt auch, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis eHealth in der Praxis vollständig umgesetzt wird. Das Dr. Becker Neurozentrum Niedersachsen ist beispielweise schon größtenteils papierlos.
Meiner Meinung nach ist in Deutschland eine flächendeckende Umsetzung strukturell erschwert durch die vielen Anspruchsgruppen im Gesundheitssystem. Es gibt bundesweit viele verschiedene Kostenträger und noch nicht viele einheitliche Qualitätskriterien für die Digitalisierung, an denen sich die Kostenträger oder Verbände orientieren könnten. Hierdurch erlebe ich in der Arbeit für die Dr. Becker eHealth GmbH häufig eine Skepsis oder Unsicherheit im Umgang mit digitalen Dienstleistungen. Verstehen Sie mich nicht falsch, eine gesunde Skepsis ist gut, aber ich persönlich würde mir öfters ein Gespräch zu Qualitätskriterien wünschen und diese gemeinsam festlegen.
Es gibt auch Kostenträger, die sich für eine schnelle Implementierung von Digital Health einsetzten, wie z.B. der Zusammenschluss von 5 Krankenkassen zur Plattform Healthy Hub. Dieser bietet Start-ups aus dem Bereich Digial Health Unterstützung zum Markteintritt in den ersten Gesundheitsmarkt. Die Gewinner erhalten ein Pilotprojekt und können unter echten Marktbedingungen ihr Produkt testen. Oder das Konzept zur Tele-Reha-Nachsorge der Deutschen Rentenversicherung.
In welchem medizinischen Bereich sehen Sie den größten Nutzen von eHealth?
Ich kann dies gar nicht auf einen speziellen Bereich oder eine Indikation festlegen. Den größten Nutzen hat jeder von uns, vor allen Dingen erkrankte Personen. Wenn jeder selbst die Hoheit über seine Gesundheitsdaten hat und selbst entscheiden kann, mit wem er diese teilen möchte. So kann ein Arzt die biografische Gesundheitshistorie des einzelnen nachvollziehen und einfacher Rückschlüsse ziehen.
Wie arbeiten Sie persönlich daran, eHealth in das Pflege- und Gesundheitssystem zu integrieren?
Ich arbeite für die Dr. Becker eHealth GmbH und vereinfache durch digitale Lösungen die Vermittlung und Organisation der Reha-Nachsorge und Gruppenpsychotherapie. Hier haben wir zwei webbasierte Plattformen entwickelt, die psychisch Erkrankte und Psychotherapeut*innen einfach und sicher zusammenbringt und organisatorisch begleitet: Zum einen psyrena.de, eine psychosomatische Reha-Nachsorgeplattform, und gruppenplatz.de, eine Plattform für Gruppenpsychotherapie. Ziel ist es, die Prozesse zu vereinfachen und einen niedrigschwelligen Zugang zur Behandlung zu ermöglichen.
Zur Person
Sonja Schmalen ist Produktmanagerin Digital Health bei Dr. Becker eHealth GmbH. Nach 12 Jahren als Ergotherapeutin und dem Abschluss MBA Sozial- und Gesundheitswesen betreut sie nun die Websites psyrena.de und gruppenplatz.de.