Anstieg des Medizintourismus in deutschen Kliniken

Der Umsatz, den deutsche Kliniken durch die Behandlung ausländischer Patienten erwirtschaftet haben, stieg im Jahr 2022 um 17,5 Prozent. Insbesondere Patienten aus Kuwait, Usbekistan und Kasachstan trugen zu diesem Wachstum bei.

Deutlicher Anstieg der Patientenzahlen

Im Jahr 2022 ließen sich rund 182.200 ausländische Patienten in Deutschland behandeln, was einem Anstieg von 17,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Der deutsche Gesundheitssektor erzielte durch diese Behandlungen schätzungsweise einen Umsatz von 880 Millionen Euro. Zusätzliche Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe wurden durch Tourismusangebote und den Handel generiert. „Hauptgrund für den Anstieg sind zunehmende Patientenzahlen aus Kuwait, aber auch aus Staaten wie Usbekistan oder Kasachstan“, erklärt Mariam Asefi, die Leiterin des Forschungsbereichs Medizintourismus an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS).

Internationale Patienten aus 149 Ländern

Patienten aus insgesamt 149 Ländern reisten im Jahr 2022 nach Deutschland, um medizinische Behandlungen in Anspruch zu nehmen. Laut den Erhebungen der H-BRS stammen drei Viertel dieser Patienten aus Nachbarländern. Polen führt die Liste an, mit 11.270 Behandlungen, was einem Anstieg von 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dänemark verzeichnete mit einem Anstieg von 46 Prozent (insgesamt 880 stationäre Patienten) das größte Nachfrageplus. Auch aus den USA (plus 73 Prozent), Kanada (plus 67 Prozent), Irland (plus 58 Prozent) und Australien (plus 580 Prozent) stieg die Nachfrage deutlich an.

Die Patientenzahlen aus den Golfstaaten stiegen wie prognostiziert ebenfalls an. Über 560 kuwaitische Patienten wurden im Jahr 2022 in Deutschland stationär behandelt, was einem Anstieg von 580 Prozent entspricht. Asefi erwartet, dass dieser Trend anhalten wird, mit einer Verdopplung der Patientenzahlen in den Jahren 2023 und 2024. Auch aus Ägypten wird ein weiterer starker Anstieg der Patientenzahlen erwartet (2022 ein Plus von 58 Prozent).

Wachstum in fast allen Bundesländern

Das Wachstum bei den Zahlen der ausländischen Patienten konnte bundesweit beobachtet werden, mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt und dem Saarland. Bayern und Baden-Württemberg verzeichneten jeweils ein Wachstum von 16 Prozent. Besonders stark war der Anstieg in den nordöstlichen Bundesländern, wobei Hamburg mit einem Plus von 37 Prozent an der Spitze lag, gefolgt von Schleswig-Holstein (plus 30 Prozent). Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg verzeichneten jeweils ein Plus von mehr als 20 Prozent. In Berlin, das kontinuierlich in die Vermarktung als Medizintourismus-Standort investiert, stiegen die Patientenzahlen um 14 Prozent. Ähnliche Wachstumsraten wurden in Nordrhein-Westfalen beobachtet.

Mariam Asefi von der H-BRS bewertet die Zahlen als insgesamt gutes wirtschaftliches Ergebnis für die Gesundheitsbranche. Trotz der aktuellen Herausforderungen durch Inflation und Fachkräftemangel stehen die Kliniken vor zusätzlichen Unsicherheiten aufgrund der Reform der Krankenhausfinanzierung, was sich in reduzierten Marketingbudgets und Personalressourcen im nationalen und internationalen Bereich widerspiegelt.

Herausforderungen und Wettbewerb im Medizintourismus

„Einflussfaktoren wie die Vergabeverfahren von medizinischen Visa oder das Fehlen eines klaren, gesetzlich geregelten, transparenten Abrechnungsmodells für internationale Patienten bremsen weiterhin den Medizintourismus-Markt“, so Asefi. Dennoch hat sich nach dem Ende der Corona-Pandemie eine globale Euphorie in Bezug auf Medizintourismus entwickelt. Deutschland bleibt wegen der hohen Qualität seines Gesundheitssystems ein beliebtes Ziel für Medizintouristen. In der Außenvermarktung gibt es jedoch starke Mitbewerber wie die Türkei und zunehmend auch Spanien. „Die Türkei ist derzeit weltweit führend in der Vermarktung ihrer Medizintourismus-Angebote, insbesondere bei Haartransplantationen, Zahnmedizin und Schönheitsoperationen. Der Medizintourismus deutscher Patienten in die Türkei ist stark gestiegen“, beobachtet Asefi. Dies hat finanzielle Gründe. Gleichzeitig empfiehlt Asefi eine stärkere kontrollierte Lizenzierung und Qualitätssicherung in diesem Bereich.

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