Prof. Dr. Josef Hilbert leitet das Institut Arbeit und Technik. Mit ihm haben wir einen Blick in die Glaskugel geworfen: Wie wird eHealth das Gesundheitssystem verändern?
Herr Hilbert, für die meisten Experten ist eHealth alternativlos. Trotzdem sieht es in der Praxis oft anders aus. Was denken Sie: Wird sich eHealth in Pflege und Gesundheit in Kürze flächendeckend durchsetzen oder bleiben Pflege und Gesundheit Systeme, in denen Wandel nur schleichend seinen Durchbruch findet?
Bereits heute werden digitalgestützte Techniken in den allermeisten Gesundheits- und Sozialeinrichtungen intensiv genutzt – und sie sind auch noch weiter auf dem Vormarsch. Nur: es handelt sich zu oft um isolierte „Stand-Alone“-Lösungen. Das integrierte, auf den spezifischen Bedarf von einzelnen Patienten zugeschnittene Zusammenspiel steckt noch in den Kinderschuhen! Und auch bei der Technik selbst wird noch längst nicht alles genutzt, was möglich und sinnvoll ist! Für die kommenden Jahre rechne ich allerdings mit kräftigen Veränderungen. Dem Management fehlen noch oft noch die richtigen Strategien, das Geld und der Mut, digital gestützt durchzustarten. Mehr und mehr Beschäftigte drängen aber darauf, endlich zeitgemäße Arbeitsmittel zu bekommen. Sie wollen im Freundes- und Bekanntenkreis nicht als die Technikdeppen angesehen werden. Außerdem sind ja auch schon viele Patienten in der digitalen Welt unterwegs und erwarten, dass auch Medizin und Pflege à jour sind.
In welchem medizinischen Bereich sehen Sie den größten Nutzen von eHealth?
Digitale Techniken machen es mögliche, dass Gesundheitsdienstleistungen in den Alltag, nach Hause kommen. Alles, was Orientierung, Sicherheit und Notfallmanagement, Gesundheitsförderung oder den besseren Umgang mit chronischen Erkrankungen oder sogar mit Pflegebedürftigkeit und Demenz daheim, zu Haus, im eigenen Haushalt oder auch unterwegs unterstützt, das wird eine riesige Bedeutung bekommen. Viele Gesundheitsforscher – aber wie ich neulich gelernt habe auch die Noteinsatzmanager bei der Feuerwehr – sind sicher, dass da so etwas wie ein neuer Gesundheitsstandort Haushalt entsteht. Die einschlägige Forschung und Entwicklung arbeitet an dieser Vision zwar schon lange und war wegen der bislang geringen Resonanz oft ganz verzweifelt, zurzeit mehren sich jedoch die Anzeichen, dass der Durchbruch kommt.
Die cibX GmbH hat Produkte entwickelt, die die Effizienz im privaten und öffentlichen Pflegebereich steigern. Wie schätzen Sie diese Produkte ein? Haben sie das Zeug dazu, Pflege zu verbessern?
Die cibX -Produkte machen eine bessere Orientierung, mehr Sicherheit und Gesundheit im Alltag möglich. Wenn es gelingt, sie zu Teilen eines integrierten Service-Systems zu machen, das auch auf individuelle Bedarfe zugeschnitten werden kann, sollte ein Schuh daraus werden! Brückenschläge zu den jetzt in Deutschland gerade entstehenden telemedizinischen Angeboten, etwa in der Telekardiologie oder Telediabetologie, könnten möglicherweise interessante Anknüpfungsmöglichkeiten liefern. Außerdem würde ich im Auge behalten, ob und wie in der Welt der Wohlfahrtspflege neue, digital gestützte Unterstützungsplattformen entstehen – sozusagen ein anspruchsvoller „Uber“ für die Sozialen Dienste. In solchen Einsatzfeldern können cibX-Produkte ihren Platz finden. Da geht was!
Vielen Dank für das Gespräch!
Übrigens: Prof. Hilbert war vor kurzem bei den WDR 2 Sonntagsfragen zu Gast und hat über das Thema Robotik gesprochen! Hier findet ihr das Gespräch.
Zur Person
Prof. Dr. Josef Hilbert (Jg. 1954) ist studierter und promovierter Soziologe. Habilitiert hat er sich zunächst in Berufspädagogik, später dann – auf dem Wege der Umhabilitation – in Gesundheitsökonomie. Als Geschäftsführender Direktor leitet er das Institut Arbeit und Technik (IAT) der Westfälischen Hochschule und lehrt parallel als Honorarprofessor an den Fakultäten für Medizin und Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. Ehrenamtlich engagiert sich Josef Hilbert als Vorsitzender des Netzwerks Deutsche Gesundheitsregionen e.V..